Digitalisierung – Der Turmbau zu Babel des 21. Jahrhunderts?

Dez 19, 2019 | News

Florian Kurz beantwortet im Gespräch mit matchdigital, welche Fragen für Unternehmen heute relevant sind und berichtet in einer dreiteiligen Gesprächsreihe über die komplexen Herausforderungen für Unternehmen, aktuelle Verständnisprobleme beim Thema Digitalisierung und die Erfolgsstrategie der bamero AG. Wir fassen hier die Kernaussagen der ersten beiden Gespräche zusammen. Florian Kurz (CEO der bamero AG) weiß, welche Fragen für Unternehmen heute tatsächlich relevant sind und berichtet in einer dreiteiligen Gesprächsreihe über komplexe Herausforderungen, aktuelle Verständnisprobleme und die Erfolgsstrategie der bamero AG beim Thema Digitalisierung.

Wir fassen hier die Kernaussagen der ersten beiden Teile zusammen.


Sie sind Informatiker, Herr Kurz. In ihrem Arbeitsalltag bei der bamero AG beschäftigen Sie sich mit der Digitalisierung komplexer Prozesse. Viele Unternehmen stehen heute vor der Herausforderung, erst einmal zu verstehen, was Digitalisierung bedeutet und herauszufinden, wo und wie man damit überhaupt anfängt.

Wie begegnen Sie dieser Herausforderung in Ihrem Arbeitsalltag?

Ich selbst komme beruflich aus der Software Entwicklung und habe lange Jahre Software im Kontext SAP entwickelt. Dieser Hintergrund hilft mir oft dabei, die “Digitalisierung” zu entmystifizieren. Faktisch gibt es die Digitalisierung nicht. Wenn ich zu einem meiner Kunden gehe, sagt mir dort niemand, dass er z.B. einen Chatbot braucht, sondern dass seine Excel Anwendungen nicht laufen, das ERP-System veraltet ist und nicht mehr alle Anforderungen erfüllen kann oder die VPN Verbindung nicht funktioniert. Das sind die reellen Probleme.


Was ist so problematisch am Begriff der “Digitalisierung” und der aktuellen Debatte zu den Digitalisierungsfragen?

Digitalisierung heißt erst einmal nur, dass analoge Informationen digital werden. Umso schlimmer ist es, wenn mit dem Begriff “Digitalisierung” Angst geschürt wird. Nämlich die Angst, dass sich durch Digitalisierung Unternehmen und die ganze Gesellschaft grundlegend verändern werden. Auch die Befürchtung, dass durch Digitalisierung viele Jobs verloren gehen werden, kommt hier noch hinzu. Das finde ich ganz fatal. Ich vergleiche die Diskussion über die Digitalisierung gerne mit dem Turmbau zu Babel. In der biblischen Geschichte greift Gott beim Turmbau ein und verwirrt die Sprache. Mit dem Ergebnis, dass der Turm nicht weiter gebaut wurde, weil sich keiner mehr mit dem anderen verständigen konnte. Und so etwas ähnliches erleben wir tagtäglich beim Thema Digitalisierung.


Die bamero AG schreibt sich Digitalisierung auf die Fahnen. Was machen Sie anders bei diesem Thema?

Wir kämpfen dagegen an, dass der Begriff Digitalisierung pauschal verwendet wird. Ein Unternehmen, das sich auf Digitalisierung einlässt, braucht am Ende einen spür- und messbaren Mehrwert. Das bedeutet, dass jedes Unternehmen ein Formalziel hat, das es erreichen will. Und alles, was mit Digitalisierung zu tun hat, muss sich immer diesem Formalziel unterordnen.


Was genau ist der Unterschied zwischen einer Erfindung und einer Innovation?

Innovation und Erfindung sind nicht das Gleiche. Erfunden wird dauernd und überall. Aber erst dann, wenn ich etwas verkaufen kann und jemand bereit ist, dafür Geld auszugeben, sprich, wenn der Markt dafür da ist, dann ist es auch tatsächlich eine Innovation.

Der Einsatz digitaler Technologien ist also kein Garant dafür, sich im digitalen Wandel behaupten zu können?

Grundsätzlich geht es bei Digitalisierung um zwei Dinge: Entweder man spart Kosten oder man macht mehr Umsatz. Das ist das Einzige, worauf sich die ganze Digitalisierungsthematik stützen sollte. Wir müssen uns daher die Frage stellen, wo und ab wann man klar sagen kann: Hier habe ich xy eingespart. Wenn man die Kosten nicht im Blick behält, scheitern Digitalisierungsprojekte. Anfangs wird eine schöne neue Welt mit all den neuen Technologien versprochen. Aber oft stellt man spätestens nach zwei Jahren fest, dass viel Geld in diese Themen geflossen ist, aber wenig bis nichts zurück kam.


Wie schaffen Sie es, eine gemeinsame Ebene mit Ihren Kunden zu finden?

Wir konzentrieren uns auf die Prozesse in einem Unternehmen und schauen uns diese mit der “Digitalisierungsbrille” an. Wir überlegen, an welcher Stelle in der Wertschöpfungskette sich die Digitalisierung denn tatsächlich lohnt. Hier mache ich als Unternehmer einen Schritt zurück und überlege, ob die Organisation diese Veränderung auch verträgt. Wir stellen dabei immer die Frage: Wer verwendet am Ende die Technologie und wer steuert sie? Der Mitarbeiter muss die Technologie verwenden (wollen) und der Geschäftsführer muss sie steuern. Diese beiden Ebenen versuchen wir über die Prozesse zu vereinen. Wenn ein Mitarbeiter die Technologie nicht anwendet, läuft man am Ziel vorbei.


Worauf müssen Sie besonders achten, wenn Sie komplexe Prozesse digitalisieren?

Wir wollen oft nicht wahrhaben, dass sich Prozesse immer wieder verändern. Wenn ich heute einen Prozess modelliere, ist er morgen vielleicht schon obsolet. Prozesse sind nur eine Diskussionsbasis von dem jetzigen Moment. Mit einem Prozessmodell selbst habe ich noch nichts gewonnen. Aber wenn wir die Prozesse analysieren und dann sagen “Jetzt digitalisieren wir diesen konkreten Schritt”, dann wird es konkret und Digitalisierung wird greifbar.


Wie lautet Ihre Definition von Digitalisierung?

In der Informationstheorie heißt Digitalisierung häufig Automatisierung. Was heute manuell läuft, soll morgen automatisch passieren. Das geht z.B. schon über einen Algorithmus. Das ist eine mögliche Definition. Der andere Ansatz, der einen größeren Mehrwert hat, stellt die Frage: Wer hat Zugang zu Informationen? In der Logistik gibt es z.B. das Logistik-Paradigma, das besagt: Für funktionierende Logistik brauche ich das richtige Produkt, zur richtigen Zeit, in der richtigen Qualität und in der richtigen Menge. Das Gleiche gilt für Informationen. Diese gilt es für alle Beteiligten möglichst zeitnah, in derselben Qualität zur Verfügung zu stellen. Alles was danach kommt, ist Visualisierung. Das heißt, dass ich entweder meine Daten nun anders visualisiere oder ich ziehe Schlüsse aus Daten.

Autor: matchdigital, Angela Heinisch & Florian Kurz

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Als UX Designerin und Consultant unterstützt Celina in zahlreichen Projekten, vorrangig in der öffentlichen Verwaltung. Durch ihren designtechnischen Hintergrund achtet sie besonders auf die Nutzerfreundlichkeit, die in der Digitalisierung eine besonders große Rolle spielt. Folgen Sie ihr auf Linkedin

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